Selbstfürsorge für Eltern psychisch kranker Kinder

Wann haben Sie sich zuletzt etwas Gutes getan? Wie sehr achten Sie auf Ihre eigenen Bedürfnisse im Alltag? In diesem Artikel schreibe ich darüber, warum Selbstfürsorge für Eltern so wichtig ist. Und ich zeige Ihnen, wie es auch Ihnen gelingen kann, im Alltag gut für sich zu sorgen.

Selbstfürsorge sollte im Alltag nicht zu kurz kommen, wenn man sein psychisch krankes Kind unterstützen möchte. Foto: Sven/Unsplash

Der ganz normale Wahnsinn…

Schon der Start in den Tag ist irgendwie hektisch. Aufstehen, anziehen, Frühstück für die Kinder vorbereiten. Das ist vielleicht noch der einfache Part. Kinder wecken und sie für den Tag fertig machen ist manchmal schon etwas schwieriger. Der Kleine sucht noch DAS eine Auto, das er mit in den Kindergarten nehmen will. Die Große hat schlecht geschlafen und ist nicht wirklich gut drauf… Da ist es auch schon Zeit aufzubrechen, denn auf Arbeit will man ja auch pünktlich sein. Im besten Fall gibt es einen Kaffee zum Mitnehmen, der mal eben nebenbei getrunken wird.

So oder so ähnlich kann ein Morgen bei einer x-beliebigen Familie aussehen. Und das alleine stellt tagtäglich eine große Herausforderung dar. Was ist aber, wenn ihr Sohn an starker Trennungsangst leidet und bereits das Verlassen der Wohnungstür zu einem Kampf wird? Oder wenn Ihre Tochter an einer Depression leidet und direkt nach dem Aufstehen große Sorgen vor der Schule hat, weil sie doch sowieso versagen wird? Dann kommen zu den ganz alltäglichen Herausforderungen noch ganze andere Hürden hinzu.

Der erste Schritt in Richtung Selbstfürsorge

 

In diesem Blogbeitrag möchte ich ein paar Ideen aufzeigen, wie Eltern im Alltag durch kleine Veränderungen trotz aller Herausforderungen gut für sich selbst sorgen können. Sehen Sie diese Ideen als Vorschläge, nicht jede Idee ist für jeden umsetzbar. Trauen Sie sich aber auch, Vorschläge auszuprobieren, von denen Sie denken „das klappt doch nicht“. Probieren Sie sich aus und experimentieren Sie ein bisschen herum. Dazu kann ich Sie nur ermutigen. Was haben Sie zu verlieren?

Was bringt mir Selbstfürsorge?

 

Bevor wir über das WIE sprechen, möchte ich auf das WARUM eingehen. Wenn Sie auf dieser Seite gelandet sind, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie sich ausgelaugt fühlen. Oder dass Sie das Gefühl haben, nicht zur Ruhe zu kommen. Aber vielleicht fühlen Sie sich auch überfordert oder unzufrieden? Möglicherweise suchen Sie nach Wegen, wie Sie im Alltag Ihre Energiereserven wieder aufladen können?

Selbstfürsorge hat viele Gesichter. Wenn man das Wort auseinander nimmt, erkennt man leicht, dass es darum geht ‚selbst für sich zu sorgen‘. Was heißt das? Es geht darum, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen. Also zu spüren, was brauche ich gerade. Es geht auch darum, diese Bedürfnisse anzunehmen und Möglichkeiten zu finden, diese zu befriedigen. Selbstfürsorge kann auch bedeuten, sich selbst etwas Gutes zu tun. Einfach mal so, ohne dass man dafür etwas geleistet haben muss. Oder Nein zu sagen und eine nicht dringliche Aufgabe abzugeben oder aufzuschieben. Sich Zeit für Ruhe und Entspannung zu nehmen gehört natürlich auch dazu.

 

“Wenn man auf seinen  Körper achtet, geht’s auch dem Kopf besser.”

– Jil Sander

Balance im Alltag durch Selbstfürsorge finden

 

Selbstfürsorge dient dazu, langfristig gesund zu bleiben. Dadurch, dass man gut für sich sorgt, erhalten Anspannung und Stress auf der einen Seite ein Gegengewicht aus Entspannung und positiver Energie auf der anderen Seite. Und dieses Gegengewicht zu schaffen ist insbesondere für Eltern mit einem psychisch kranken Kind ganz wichtig. Denn die psychische Erkrankung zieht enorm viel Energie. Sich ständig Sorgen zu machen oder das eigene Verhalten zu hinterfragen braucht Kraft. Das Kind tagtäglich zu unterstützen und auf dessen Bedürfnisse zu achten ist ebenfalls kräftezehrend. Und dann kommen ja die alltäglichen Verpflichtungen, Tätigkeiten und Stressoren noch dazu. Kurzum: Eltern psychisch kranker Kinder müssen einiges leisten!

Wenn Sie sich langfristig nicht zu Grunde richten wollen, braucht es also ein Gegengewicht. Denn wenn Sie einbrechen – wem können Sie dann noch helfen? Möglicherweise ist das gerade sehr schwierig für Sie zu lesen. Ich möchte nicht den schwarzen Teufel an die Wand malen. Sondern ich möchte ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es absolut normal ist, wie Sie sich fühlen. Und ich möchte Hoffnung verbreiten: Es ist nie zu spät, damit zu beginnen, für sich selbst zu sorgen.

Selbstfürsorge ist eines der wichtigsten Methodiken, wenn man ein psychisch kranken Kind unterstützen möchte. Foto: Colton Sturgeon/Unsplash

Selbstfürsorge: Umsetzung im Alltag

 

Vielleicht war Selbstfürsorge bislang kein Thema für Sie. Dann haben Sie momentan möglicherweise keine Idee, wie Sie nun damit starten können. Gleichzeitig denken Sie vielleicht, wie Sie das in Ihrem durchgetakteten Alltag überhaupt einbauen sollen. Selbstfürsorge braucht doch bestimmt viel Zeit? Wenn man unter Selbstfürsorge ein verlängertes Spa-Wochenende versteht: ja, das braucht das Zeit. Ebenso eine ausgedehnte Shoppingtour, der langersehnte Friseurbesuch oder eine ausgiebige Massage. Natürlich sind dies Akte der Selbstfürsorge und keinesfalls zu vernachlässigen. Doch Sie sind eben auch nicht alltäglich und „nicht mal eben so“ getan. Für Eltern besteht hier auch nochmal eine größere Herausforderung, da sie für solche oder ähnliche Aktivitäten eine Betreuung organisieren müssten.

Hier präsentiere ich Ihnen ein paar Ideen, wie Selbstfürsorge fast nebenbei im Alltag geschehen kann.

 

Achtsamer und bewusster sein

 

❤  Nach dem Aufwachen noch einen Moment im Bett liegen bleiben und 10 tiefe, bewusste Atemzüge nehmen.

❤  5-10 Minuten eher aufstehen um eine kurze Achtsamkeitsübung zu machen, z.B. am geöffneten Fenster stehend die Sinneseindrücke ganz bewusst wahrnehmen.

❤  Die Zeit die man am Handy verbringt reduzieren und die gewonnene Zeit mit Aktivitäten füllen, die Spaß bereiten.

❤  Den ersten Kaffee/Tee am Morgen in Ruhe zubereiten und trinken. Dabei auch wieder ganz bewusst auf die Sinneseindrücke achten, insbesondere riechen und schmecken eignen sich an dieser Stelle. Dafür muss man eventuell etwas eher aufstehen, aber es lohnt sich!

❤  Nach dem Ankommen am Arbeitsplatz die Aufmerksamkeit für einige Atemzüge bewusst auf den Atem richten bevor der Computer angeschaltet wird.

❤  Nicht vor dem Computer essen. Nehmen Sie sich lieber 5-10 Minuten für eine Zwischenmahlzeit Zeit und seien Sie in dieser Zeit mit Ihrer Aufmerksamkeit voll und ganz beim Essen.

❤  Beim Duschen oder Zähne putzen die Wahrnehmung ins Hier und Jetzt bringen anstatt gedanklich den nächsten Tag zu planen.

Auf die eigenen Bedürfnisse achten

 

❤  Ausreichend Getränke für den Tag einplanen. Auch die Erfüllung der Grundbedürfnisse wie ausreichend Trinken oder Essen gehören zur Selbstfürsorge.

❤  Wenn es für den Kaffee/Tee am Morgen zeitlich nicht reicht, diesen in einem Thermosbecher mitnehmen und am Arbeitsplatz in Ruhe genießen.

❤  Für ausreichend Nervennahrung am Arbeitsplatz sorgen. Sowohl für die Hauptmahlzeiten, aber auch die Nebenmahlzeiten sollten eingeplant werden. Wie wäre es, sich frisches, saisonales Obst an den Arbeitsplatz zu nehmen?

❤  Kurze Pausen machen: z.B. einmal pro Stunde den Blick in die Ferne richten und ein paar tiefe Atemzüge nehmen.

❤  Nein sagen und Grenzen setzen: Definitiv keine einfache Sache, aber sehr effektiv!

Die eigenen Maßstäbe etwas herunterschrauben

 

❤  Den Fernseher für die Kinder doch noch für ein paar Minuten länger laufen lassen und in dieser Zeit eine Entspannungsübung machen oder etwas, das Ihnen Freude bereitet.

❤  Um Hilfe bitten und Aufgaben abgeben.

❤ Den Staubsauger zu Gunsten einer angenehmen Aktivität mal stehen lassen.

Vielleicht merken Sie, dass viele dieser Vorschläge auf Achtsamkeit beruhen. In einem anderen Blogartikel werde ich etwas ausführlicher darüber schreiben.

Für mich selbst sorgen – darf ich das überhaupt?

 

Warum sollten Sie es nicht dürfen? Oft haben Menschen die Einstellung, dass es egoistisch ist, die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen. Solche Einstellungen entwickeln sich in uns aufgrund der Interaktion mit der Umwelt. „Höher, schneller, weiter“ lautet so oft die Devise. Wer sagt schon „achtsam, langsam, zufrieden“? Sie haben die Wahl, welche innere Botschaft Sie für sich anwenden. Sie dürfen sich für sich entscheiden! Und wenn Sie gut für sich selbst sorgen, dann können Sie auch gut für andere sorgen.

In diesem Sinne: sorgen Sie gut für sich! Welche Ideen möchten Sie ausprobieren? Wenn Sie schon etwas ausprobiert haben, welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Schreiben Sie mir gerne einen Kommentar!

Ich bin Isabelle Hennig und ich bin Psychologin (M.Sc.) und Psychologische Psychotherapeutin für Erwachsene. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie habe ich auf der Spezialstation für Essstörungen gearbeitet.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Eltern ganz nachvollziehbar selbst psychisch belastet waren. Im Trubel des Familienalltags und verbunden mit den zusätzlichen Terminen und Wegen aufgrund der psychischen Erkrankung des Kindes fehlte jedoch die Zeit dafür, auf sich selbst zu schauen und gut für sich zu sorgen.

Mit meiner Online-Beratung biete ich Eltern mit einem psychisch erkrankten Kind professionelle psychologische Unterstützung, bequem von zu Hause aus, ohne Warte- und Fahrzeiten. Als ausgebildete Psychotherapeutin stehe ich Ihnen mit meiner Kompetenz zur Seite. Kontaktieren Sie mich gerne.

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