Stehen Sie morgens wiederholt vor Diskussionen mit Ihrem Kind à la: „Mir geht es nicht gut, kann ich heute nicht zu Hause bleiben?“ Hat Ihr Kind deshalb mehre Fehltage? Sie wollen wissen, wie Sie als Mutter oder Vater in dieser Situation reagieren können? Ich diesem Artikel habe ich Ihnen 10 wertvolle Tipps zum Umgang mit Schulverweigerung zusammengestellt.

Schulverweigerung: ermutigende Botschaften für Ihr Kind

Bei unsicheren und trennungsängstlichen Kinder kann es zu Schulverweigerung kommen. Ermutigen Sie Ihr Kind mit Mutsprüchen und anderen kleinen Botschaften. Foto: Katrina Wright/Unsplash

Gründe für eine Schulverweigerung

Kinder mit einer Trennungsangst erleben den Schulbesuch als Bedrohung, weil sie in der Zeit nicht bei ihren engen Bezugspersonen sein können. Sie befürchten, dass diesen etwas zustoßen und sie sie verlieren könnten.

Es kann auch sein, dass ein Kind die Schulsituation als unangenehm erlebt, weil es Angst vor schlechten Bewertungen hat und befürchtet, die Anforderungen nicht zu schaffen. Auch eine soziale Phobie kann der Grund dafür sein, dass ein Kind nicht in die Schule gehen möchte und es zur Schulverweigerung kommt. Soziale Ängste und Leistungsängste nehmen bei Kindern insbesondere in der Pubertät zu.

Wird ein Kind in der Schule ausgegrenzt oder erlebt es Mobbing, kann die Schulverweigerung ein Mittel sein, um diese bedrohliche Situation zu vermeiden. Schulverweigerung kann auch im Rahmen von Substanzsstörungen und Störungen des Sozialverhaltens auftreten.

Es gibt also unterschiedliche Gründe dafür, warum ein Kind den Schulbesuch vermeiden kann. Allen gemein ist, dass das Vermeidungsverhalten kurzfristig unangenehme Zustände, wie z.B. Angst, verringert. Langfristig führt es jedoch dazu, dass das problematische Verhalten aufrechterhalten wird.

 

Damit Sie als Eltern eine Orientierung haben, wie Sie sich verhalten können, habe ich Ihnen diese Tipps zusammengestellt. Die folgenden Tipps zum Umgang mit Schulverweigerung beziehen sich auf trennungsängstliche Kinder.

Tipps zum Umgang mit Schulverweigerung bei Trennungsangst

 

1. Versuchen Sie, die Gründe für die Schulverweigerung herauszufinden

Sprechen Sie behutsam mit Ihrem Kind. Wie Sie das Gespräch gestalten, ist natürlich abhängig vom Alter und Entwicklungsstand Ihres Kindes. Geben Sie Ihre Beobachtung wieder, z.B. könnten Sie sagen „Im vergangenen Monat konntest du 10 mal nicht die Schule besuchen, weil es dir nicht gut ging. Ich mache mir Sorgen um dich. Gibt es etwas in der Schule, das dich beschäftigt?“ Erwarten Sie nicht sofort eine Antwort, eventuell braucht es ein paar Anläufe. Signalisieren Sie jedoch Gesprächsbereitschaft. Nehmen Sie die Äußerungen Ihres Kindes ernst und spielen Sie diese nicht herunter.

 

2. Signalisieren Sie, dass Trennungen nichts Schlimmes sind

Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie ihm zutrauen, die Situation in der Schule oder auf der Klassenfahrt zu meistern. Eltern, die in einer solchen Situation selbst sehr belastet und unsicher reagieren, vermitteln dem Kind indirekt, dass die bevorstehende Situation tatsächlich bedrohlich sein könnte. Das verstärkt die Angst des Kindes.

 

3. Nutzen Sie Rituale, die Sicherheit vermitteln

Kinder reagieren ängstlich, wenn ihr Bedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle gefährdet ist. Überlegen Sie sich gemeinsam Rituale, die Ihrem Kind Mut schenken und Sicherheit bzw. Kontrolle vermitteln. Wie können Sie den Tag über symbolisch in Verbindung bleiben? Steine, Murmeln, das Lieblings-Kuscheltier oder andere kleine Dinge können vor dem Abschied „aufgeladen“ werden und Ihr Kind kann diese dann mit in die Schule nehmen. Das könnte z.B. „Ich-denk-an-dich-Energie“ oder „Ich-hab-dich-ganz-doll-lieb-Energie“ sein. Eine personalisierte Brotbox mit einem Bild der Familie oder ein Foto in der Federmappe können ebenso hilfreich sein. Fragen Sie Ihr Kind, was ihm helfen würde und werden sie gemeinsam kreativ.

4. Planen Sie ausreichend Zeit ein

Für das gemeinsame Abschiedsritual sollte genug Zeit da sein. Eventuell müssen Sie dafür Ihren Morgen etwas umstrukturieren, Aufgaben auf den vorherigen Abend schieben oder ein paar Minuten eher aufstehen. Nehmen Sie sich Zeit für eine gemeinsame Kuscheleinheit vor dem Abschied. Sorgen Sie für einen möglichst stressfreien Morgen, denn das wird sich sowohl auf Ihr Anspannungslevel als auch auf das Ihres Kindes positiv auswirken.

 

5. Die Angst darf da sein

Vielen Eltern geht es so, dass sie bereits bei dem Gedanken an die bevorstehende Verabschiedungsszene einen inneren Druck verspüren. Sie versuchen dann alles, um die Angst ihres Kindes möglichst gar nicht erst aufkommen zu lassen. Das funktioniert in der Regel jedoch nicht. Hilfreicher ist es, wenn sie die Situation, wie sie aktuell ist, akzeptieren und somit auch die Angst da sein darf. Sehen Sie diese als Signal dafür an, dass Sie für Ihr Kind eine wirklich wichtige Bezugsperson sind. Was sagt das über Ihre Beziehung oder über Sie als Mutter/Vater aus? Machen Sie sich darüber hinaus bewusst, dass Angst ein subjektives Gefühl ist. Sie können Ihrem Kind zutrauen, eine Situation zu meistern, in der objektiv keine Gefahr besteht.

6. Begrenzen Sie Diskussionen

Dies ist der wohl am schwierigsten umzusetzende Tipp. Um aus dem Teufelskreis aus Vermeidung und kurzfristiger negativer Verstärkung  auszusteigen, ist der Schulbesuch Ihres Kindes unabdingbar. Machen Sie sich bewusst, dass Sie Ihrem Kind langfristig keinen Gefallen tun, wenn Sie erlauben, dass es zu Hause bleiben kann. Es wird somit nicht lernen, dass es die Situation meistern kann. Unterstützen Sie diesen Entwicklungsschritt Ihres Kindes, indem Sie vorher gemeinsame Regeln besprechen. Wenn Ihr Kind trotz der getroffenen Absprachen nicht in die Schule geht, z.B. weil es körperliche Beschwerden angibt, sollte es den Tag im Bett verbringen. Begrenzen Sie auch dann die Zeit, die Sie mit ihm verbringen und widmen Sie sich den Aufgaben, die Sie haben. Schenken Sie Ihrem Kind ganz viel Aufmerksamkeit und hat es zu Hause eine tolle Zeit, wird das Vermeidungsverhalten verstärkt und der Teufelskreis stabilisiert sich.

 

7. Suchen Sie sich Unterstützung

Den allermeisten Eltern fällt es schwer, gegenüber Ihrem weinenden Kind, dem es ganz offensichtlich nicht gut geht, standhaft zu bleiben. Und das ist völlig normal, denn das zeigt doch, wie sehr sie ihr Kind lieben. Sprechen Sie in einem professionellen Rahmen darüber, wie Sie in den herausfordernden Trennungssituationen anders reagieren könnten. Die hier aufgeführten Tipps sind Richtwerte, können aber in einem gemeinsamen Gespräch individuell angepasst werden. Tauschen Sie sich auch mit anderen Eltern aus und sie werden sehen, dass Sie nicht alleine sind.

 

8. Sprechen Sie mit der Schule und anderen Helfern

Suchen Sie unbedingt das Gespräch mit der Schule Ihres Kindes. Schildern Sie die aktuellen Schwierigkeiten und fragen Sie nach Unterstützungsmöglichkeiten. Eventuell gibt es eine:n Schulpsychologen:in oder eine:n Schulsozialarbeiter:in, der:die Sie und Ihr Kind unterstützen kann. Ist eine schrittweise Steigerung der besuchten Schulstunden möglich? So könnte Ihr Kind in kleinen Schritten lernen, dass es die gefürchtete Situation bewältigen kann. Auch das Jugendamt bietet Hilfen an, die bei Schulverweigerung und Trennungsangst zum Einsatz kommen können.

 

9. Professionelle Unterstützung für Ihr Kind

Schulverweigerung kann sich verselbständigen, wenn sie zu lange nicht angegegangen wird. Professionelle Hilfen sind notwendig. Stellen Sie sich und Ihr Kind bei einem:einer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten:in vor. Diese haben eine ganzheitliche und systemische Sicht auf die Familiensituation und arbeiten sowohl mit Ihrem Kind als auch mit Ihnen an einer Lösung. Manchmal reicht eine ambulante Therapie jedoch nicht aus. Eine tagesklinische oder stationäre Behandlung ist vor allem dann indiziert, wenn der Schulbesuch seit längerer Zeit nicht mehr stattgefunden hat.

 

10. Achten Sie auf Ihre eigenen Bedürfnisse

Ich kann mir vorstellen, dass es für Sie im Alltag zahlreiche Situationen gibt, die kräftezehrend sind. Wiederkehrende Diskussionen aber auch die notwendige Beruhigung und emotionale Versorgung Ihres Kindes geht auch auf Ihre Energiereserven. Schaffen Sie sich Freiräume und tanken Sie Ihren Akku regelmäßig auf. Nur so können Sie gewährleisten, dass Sie Ihr Kind und Ihre Familie langfristig gut unterstützen können. Wenn Sie merken, dass es Ihnen schwerfällt, auf Ihre eigenen Bedürfnisse zu achten, nehmen Sie gerne Kontakt zu mir auf.

 

 

 

Haben Sie noch weitere Tipps, die für Sie und Ihr Kind in Bezug auf Trennungsängste und Schulvermeidung hilfreich waren? Schreiben Sie diese gerne in die Kommentare, sodass auch andere Eltern davon profitieren können.

Ich bin Isabelle Hennig und ich bin Psychologin (M.Sc.) und Psychologische Psychotherapeutin für Erwachsene. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie habe ich auf der Spezialstation für Essstörungen gearbeitet.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Eltern ganz nachvollziehbar selbst psychisch belastet waren. Im Trubel des Familienalltags und verbunden mit den zusätzlichen Terminen und Wegen aufgrund der psychischen Erkrankung des Kindes fehlte jedoch die Zeit dafür, auf sich selbst zu schauen und gut für sich zu sorgen.

Mit meiner Online-Beratung biete ich Eltern mit einem psychisch erkrankten Kind professionelle psychologische Unterstützung, bequem von zu Hause aus, ohne Warte- und Fahrzeiten. Als ausgebildete Psychotherapeutin stehe ich Ihnen mit meiner Kompetenz zur Seite. Kontaktieren Sie mich gerne.

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