Wenn Sie sich in einer Situation befinden, in der Ihr Kind professionelle Unterstützung benötigt, ist eine ambulante Psychotherapie eine mögliche Option. In diesem Artikel zeige ich Ihnen den Prozess von der ersten Kontaktaufnahme bis hin zur Behandlungsfinanzierung. Hier lernen Sie die wichtigsten Begriffe rund um ambulante Psychotherapie kennen und Sie erfahren, welche Schritte es vor und während der Therapie gibt.

Therapiesitzung zwei Personen im Gespräch

Der Weg in eine ambulante Psychotherapie ist mit Aufwand verbunden, aber es lohnt sich jedoch, dran zu bleiben!

 

Ambulante Psychotherapie: Schritt für Schritt erklärt

In dem Artikel Therapeutische Hilfe für Kinder und Jugendliche habe ich bereits einen Überblick über die wichtigsten Ansprechpartner gegeben. Der folgende Artikel geht detailliert auf eine ambulante Psychotherapie ein.

Schritt 1: Telefonische Kontaktaufnahme

Über die Webseite der Kassenärztlichen Vereinigung Ihres Bundeslandes können Sie meist unter dem Menüpunkt „Arztsuche“ nach Psychotherapeut:innen in Ihrer Region suchen. Die dort gelisteten Therapeuten und Therapeutinnen verfügen über eine sogenannte Heilerlaubnis (Approbation). Sie dürfen ihre Leistungen mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen. Man spricht von Therapeut:innen mit Kassensitz oder „niedergelassenen Therapeut:innen“. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen können Personen bis zum vollendeten 21. Lebensjahr behandeln. Psychologische Psychotherapeut:innen können Personen ab dem 18. Lebensjahr behandeln.

Rufen Sie zu den telefonischen Sprechzeiten in der Praxis an und fragen Sie nach Terminen für ein Erstgespräch und einem freien Therapieplatz. Der erste Schritt ist der anstrengendste – denn oft werden Sie hören, dass es keine Termine gibt. Lassen Sie sich nicht entmutigen, bleiben Sie dran und rufen Sie in regelmäßigen Abständen wieder an.

 

Hilfe bei der Vereinbarung von Erstgesprächen

Die Terminservicestelle kann Sie bei der Suche nach einem Erstgespräch unterstützen. Die kostenlose Rufnummer ist jedoch nur für die Vermittlung von gesetzlich Versicherten nutzbar. Die Terminservicestelle wurde im Rahmen der Terminservicerichtlinie eingerichtet, um die Wartezeiten für bestimmte Facharzttermine zu verkürzen. Dennoch ist auch hierbei mit einer Wartezeit zu rechnen.

Das Erstgespräch – Psychotherapeutische Sprechstunde

Insgesamt stehen Kindern und Jugendlichen 5 mal 50 Minuten der sogenannten Sprechstunde zu. Diese Gespräche dienen dazu, die aktuelle Lebenssituation, die Beschwerden sowie die persönliche Geschichte (Anamnese) des Patienten zu besprechen. Die Psychotherapeutin versucht, eine erste Diagnose zu stellen und den Behandlungsbedarf einzuschätzen. Wie sehr Eltern in diesem Prozess einbezogen werden, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Dabei spielen das Alter des Kindes und die Problemstellung eine wesentliche Rolle. Zum Abschluss der Sprechstunde erhalten Sie und Ihr Kind eine erste diagnostische Einschätzung. Zudem wird eine Empfehlung bezüglich einer Behandlung gegeben. In manchen Fällen kann auch eine Behandlung in einer Klinik notwendig sein oder eine Beratungsstelle besser geeignet sein.

Vor der Aufnahme einer ambulanten Psychotherapie ist eine Sprechstunde à 50 Minuten verpflichtend. Sollte die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut Ihnen zu einer ambulanten Psychotherapie raten, gibt es anschließend verschiedene Möglichkeiten.

 

Die Probatorik – vor der eigentlichen Psychotherapie

Diese Gespräche dienen der vertieften Diagnostik.  Darauf aufbauend erfolgt die Planung der Behandlung. Außerdem können sich in dieser Phase Therapeut:in und Patient:in besser kennenlernen und prüfen, ob sie gut miteinander arbeiten können. Gerade bei Kindern und Jugendlichen kann dieser Beziehungsaufbau etwas Zeit in Anspruch nehmen. Zudem werden Ziele für eine Psychotherapie besprochen. Und es wird die Motivationslage des Patienten geprüft. Der Therapeut: die Therapeutin hat auch die Pflicht, über die Diagnose, Behandlungsalternativen und den groben Behandlungsplan aufzuklären.

Die Probatorik ist noch keine Behandlung. Sie dient dazu, dass der Therapeut:die Therapeutin die anschließende Behandlung gut vorbereiten kann.

Mindestens 2 probatorische Sitzungen à 50 Minuten sind verpflichtend, bevor ein Antrag auf ambulante Psychotherapie gestellt werden kann. Für diesen Antrag ist ein sogenanntes Konsil bei der Kinderärztin/dem Kinderarzt nötig. Dabei sollen körperliche Ursachen für die psychischen Beschwerden ausgeschlossen werden.

 

Die Akuttherapie

Vor der Akuttherapie findet keine Probatorik statt. Sie wird direkt nach der Sprechstunde begonnen. Der Therapeut oder die Therapeutin teilt der Krankenkasse lediglich schriftlich mit, dass eine Akuttherapie aufgenommen wird.

Unter Akuttherapie in einer ambulanten Psychotherapie versteht man eine zeitlich begrenzte und kurzfristige Behandlung von akuten psychischen Problemen oder Krisen. Diese Form der Therapie zielt darauf ab, rasche Hilfe und Unterstützung bei akuten psychischen Belastungen zu bieten. Dabei ist die Akuttherapie auf eine relativ kurze Dauer ausgerichtet. In der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie stehen maximal 15 Sitzungen à 50 Minuten zur Verfügung.

Das Hauptziel der Akuttherapie ist es, Patient:innen schnellstmöglich Unterstützung zu bieten. Daher liegt der Schwerpunkt auf der Linderung oder Bewältigung der akuten Symptome. Die Therapie konzentriert sich auf das aktuelle Problem oder die akute Belastungssituation der Patient:innen. Die Vergangenheit wird weniger intensiv bearbeitet, es sei denn, sie ist direkt mit dem aktuellen Problem verbunden.

Nach Abschluss der Akuttherapie kann es je nach Bedarf eine Überleitung zu einer weiterführenden Therapieform geben, wenn die Probleme des Patienten längerfristiger Behandlung bedürfen.

 

Kurzzeittherapie und Langzeittherapie

Der Unterschied zwischen diesen beiden Therapieformen besteht in der Dauer der Therapie. Die Wahl der Therapieform hängt immer von der individuellen Problematik und den Bedürfnissen des Patienten ab.

Eine Kurzzeittherapie gliedert sich in den Abschnitt 1 (bis zu 12 Sitzungen) und den Abschnitt 2 (insgesamt bis zu 24 Sitzungen). Die Kurzzeittherapie muss bei der Krankenasse beantragt werden. Die Psychotherapeutin wird mit Ihnen gemeinsam die erforderlichen Unterlagen ausfüllen und an die Krankenkasse schicken.

In einigen Fällen kann eine längere oder intensivere Therapie erforderlich sein, um die zugrunde liegenden Ursachen von psychischen Störungen zu behandeln und um eine dauerhafte Stabilisierung zu erreichen. Dann kann eine Langzeittherapie beantragt werden. Dazu muss die Therapeutin:der Therapeut in einem umfassenden Bericht begründen, warum eine weiterführende Therapie nötig ist. Dieser Bericht wird begutachtet und die Notwendigkeit einer weiteren Behandlung geprüft. Ist dieser Antrag bewilligt, stehen je nach Therapieverfahren weitere Behandlungsstunden zur Verfügung.

 

Nehmen Eltern an der Psychotherapie teil?

Wichtige Bezugspersonen wie beispielsweise die Eltern können prinzipiell in die Behandlung einbezogen werden. Ob ein Einbezug von Bezugspersonen stattfindet, ist von verschiedenen Faktoren abhängig und wird daher von Fall zu Fall entschieden. Der Hauptanteil der Gespräche findet jedoch meist mit dem Kind/Jugendlichen alleine statt. Wenn Ihr Kind über die Sitzungen nicht mit Ihnen sprechen möchte, akzeptieren Sie dies. Auch der Psychotherapeut: die Psychotherapeutin Ihres Kindes hat gegenüber den Eltern eine Schweigepflicht. Nur mit Einverständnis des Kindes dürfen Informationen ausgetauscht werden.

 

Wer trägt die Kosten für die ambulante Psychotherapie?

Ambulante Psychotherapie ist in Deutschland eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Sind Sie und Ihr Kind gesetzlich versichert, rechnet der Therapeut:die Therapeutin direkt mit der Krankenkasse ab.

Die Kostenübernahme für Psychotherapie bei einer Privatversicherung kann je nach Versicherungsvertrag und Tarifbedingungen unterschiedlich geregelt sein. Einige Tarife erstatten die vollen Kosten, während andere nur einen Teil oder eine begrenzte Anzahl von Sitzungen abdecken. Die Anzahl der erstatteten Sitzungen kann begrenzt sein, und es kann auch eine Obergrenze für die Gesamtkosten der Psychotherapie festgelegt sein. Bevor Sie eine Psychotherapie beginnen, ist es ratsam, sich direkt mit Ihrer Privatversicherung in Verbindung zu setzen, um die genauen Bedingungen für die Kostenübernahme zu klären. Sind Sie privat versichert, können Sie auch die Leistungen von Privatpraxen in Anspruch nehmen und sind nicht an die Auswahl der niedergelassenen Therapeut:innen gebunden.

Die Kostenübernahme für Psychotherapie bei der Beihilfe in Deutschland richtet sich nach den individuellen Beihilfevorschriften des jeweiligen Bundeslandes und dem Status des Beihilfeberechtigten. Vor Beginn der ambulanten Psychotherapie müssen Sie einen Antrag auf Kostenübernahme bei Ihrer zuständigen Beihilfestelle stellen. Die Beihilfe übernimmt in der Regel einen bestimmten Prozentsatz der Kosten für die Psychotherapie. Die Höhe des Beihilfesatzes kann je nach Bundesland und Art der Psychotherapie variieren. Das bedeutet, dass ein Eigenanteil der Kosten selbst gezahlt werden muss. Informieren Sie sich vor Beginn der Psychotherapie über die spezifischen Bestimmungen und Voraussetzungen Ihrer Beihilfeleistungen.

Es ist auch möglich, die Kosten einer Psychotherapie selbst zu zahlen. Es ist dabei mit Kosten von ca. 110 – 130 € pro Sitzung zu rechnen. Die Kosten können gegebenenfalls bei der Steuererklärung berücksichtigt werden.

    “Alle Menschen versuchen, glücklich zu sein; darin gibt es keine Ausnahmen, wie verschieden die Mittel auch sind, die sie anwenden.”

    Blaise Pascal

    Ich hoffe, dass ich Ihnen einen guten Überblick über den Ablauf einer ambulanten Psychotherapie geben konnte. Und wenngleich es eine äußere Struktur in diesem Prozess gibt, gibt es kein Schema F für den Inhalt. Jeder Mensch ist anders und so ist jede Therapie ganz individuell. Sowohl hinsichtlich der Dauer als auch hinsichtlich der Inhalte. Veränderung braucht Zeit und geschieht nicht über Nacht. Seien Sie also geduldig mit Ihrem Kind und mit sich selbst in diesem Prozess. Unterstützen Sie die Veränderung soweit es Ihnen möglich ist und schaffen Sie Bedingungen, unter denen Veränderung möglich ist. Wenn Sie bemerken, dass Ihnen dabei die Kraft ausgeht und sie selbst Hilfe benötigen, melden Sie sich gerne bei mir.

     

    Ich bin Isabelle Hennig und ich bin Psychologin (M.Sc.) und Psychologische Psychotherapeutin für Erwachsene. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie habe ich auf der Spezialstation für Essstörungen gearbeitet.

    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Eltern ganz nachvollziehbar selbst psychisch belastet waren. Im Trubel des Familienalltags und verbunden mit den zusätzlichen Terminen und Wegen aufgrund der psychischen Erkrankung des Kindes fehlte jedoch die Zeit dafür, auf sich selbst zu schauen und gut für sich zu sorgen.

    Mit meiner Online-Beratung biete ich Eltern mit einem psychisch erkrankten Kind professionelle psychologische Unterstützung, bequem von zu Hause aus, ohne Warte- und Fahrzeiten. Als ausgebildete Psychotherapeutin stehe ich Ihnen mit meiner Kompetenz zur Seite. Kontaktieren Sie mich gerne.

    Psychologische Online-Beratung | Mein Angebot

    Magersucht & Bulimie

    Magersucht kann nur eine von vielen möglichen Ursachen von Veränderungen im Essverhalten Ihres Kindes sein. Auch z.B. Stress in der Schule, Liebeskummer, Entwicklungsschübe oder vorübergehende Erkrankungen können zu vorübergehenden Veränderungen des Essverhaltens … 

    Depressionen im Kindes- und Jugendalter

    Depressionen im Kindes- und Jugendalter: Wirkt Ihr Kind seit einiger Zeit traurig oder niedergeschlagen? Ist es besonders energie- und antriebslos? Hat es häufig körperliche Beschwerden, wie Kopf- oder Bauchschmerzen …

    Angststörungen bei Kindern & Jugendlichen

    Von einer Angststörung spricht man, wenn die Stärke der Angst im Vergleich zu anderen gleichaltrigen Kindern und Jugendlichen übermäßig hoch ist oder wenn Inhalte oder Objekte der Angst ungewöhnlich für das Alter sind. Auch wenn die Angst deutlich …

    Suchterkrankungen bei Kindern & Jugendlichen

    Der erste Konsum von Alkohol oder das Probieren von Zigaretten oder illegalen Drogen tritt häufig in der Pubertät auf. Jugendliche sind in diesem Alter besonders experimentierfreudig und risikobereit …

    Psychologische Online-Beratung für Eltern

    Die psychologische Online-Beratung kann Ihnen helfen, das Leben mit Ihrem kranken Kind zu meistern. Ortsunabhängig und unabhängig vom Krankheitsbild.